1900

Louis Bachelier
Änderungen von Aktienkursen gleichen einem Zufallsprozess.

1963

Clive Granger, Oskar Morgenstern
Random Walk-Eigenschaft von Aktienkurszeitreihen bestätigt.

1965

Paul Samuelson
Aktienkurse müssen zufällig schwanken, wenn sie als korrekte Erwartungswerte gebildet werden.

1970

Eugene Fama
Popularisiert die Effizienzmarkthypothese, gemäß welcher Investorenerwartungen zu künftigen Entwicklungen
bereits heute im Wertpapierpreis enthalten („eingepreist“) sind, was die Prognose kommender Renditen erschwert oder gar unmöglich macht.

1979

Amos Tversky, Daniel Kahneman
Investoren bewerten Wahrscheinlichkeiten von Gewinnen und von Verlusten unterschiedlich.

1980

Sanford Grossman, Joseph Stiglitz
Effiziente Märkte erlauben Gewinne zur Deckung der Kosten von Informationsbeschaffung.

1985

Werner De Bondt, Richard Thaler
Finanzmärkte neigen zur Überreaktion.

2000

Robert Shiller
Psychologische Faktoren können zu irrationalem Überschwang führen.

Finanzmärkte und Informationseffizienz

Wie Finanzmärkte Informationen verarbeiten, ist Gegenstand einer heftigen akademischen Debatte. Während eine Seite argumentiert, dass neue Informationen rasch in Wertpapierpreise eingehen, verweist die andere Seite auf Marktanomalien und die Erkenntnisse der „Behavioral Finance“.

Insgesamt dürften Finanzmärkte weitgehend mikro-, aber nicht makroeffizient sein. Denn kleine, kurzfristige Handelschancen werden von Tradern rasch ausgenützt. Um große Ungleichgewichte beseitigen zu können, fehlt jedoch selbst großen Marktteilnehmern der nötige lange Atem. Das trägt zur Erklärung und Häufung von Blasen, Krisen und oftmals folgender Rebounds im Laufe der Geschichte bei - bspw. Mexiko 1995, Asien 1997, Russland 1998, Südafrika & Südamerika 2001, Dotcom Blase 2001, globale Finanzkrise 2008 oder Coronakrise 2020-.

Zudem lässt die Existenz und Persistenz diverser Finanzmarktanomalien an der Informationseffizienz zweifeln. Zum Beispiel beruht eine bekannte Währungsanlagestrategie, der sogenannte „Carry Trade“, auf der Tasche, dass die ungedeckte Zins parität in der Realität nicht hält bzw. sich FX Renditen sogar konträr zur Theorie verhalten. Gefährlich ist es, wenn das Risikomanagement die Möglichkeit von Marktineffizienzen nicht beachtet. Standard-Risiko-Modelle („Blick in den Rücksiegel wie bspw. Value at risk) haben wiederholt dabei versagt, die Häufigkeit und Schwere von Krisen einzukalkulieren. Es ist daher nicht notwendig, implizite Rendite Verteilungen (Volatilitäten, Schiefe, Kurtosis) und Korrelationen besser zu antizipieren.  Wenn man am Finanzmarkt risikoadjustierte Überrenditen erzielen will, muss man in Daten, Informationen und Know-how investieren und einen ganzheitlichen Ansatz entwickeln.

Grenzen der Rationalität

(Neo-)Klassik
Investor: „Homo oeconomicus“

Behavioral Economics/Finance
Investor: zumeist nur begrenzt rational

Neue Finanztheorien und Strukturbrüche unter dem Motto

„Pluralismus und Interdisziplinarität“

Behavioral Finance, Neuro-Ökonomie, Experimental Finance
Behavioral Finance untersucht die Grenzen der Rationalität und sich daraus ergebende Implikationen für Kapitalmärkte und deren Effizienz. Durch neue Technologien und interdisziplinäre Ansätze haben sich die Neuro-Ökonomie und Experimental Finance ent-wickelt, die untersuchen, inwieweit Anlageentscheidungen von emotional bedingten Hirnaktivitäten abhängen und wann rationale versus emotionale Entscheidungen überwiegen. Durch die gewonnenen Erkenntnisse verbessert sich das Verständnis zur Entscheidungsfindung unter Unsicherheit.

Intermediary Asset Pricing
Dieses Forschungsfeld betrachtet Wertpapierpreise und Risikoprämien im Zusammenhang mit Friktionen, welche im Zuge der Finanzintermediation auftreten und Einfluss auf die Kapitalmarkteffizienz nehmen, vor allem als Reaktion auf die globale Finanzkrise 2008.

Limits to arbitrage
Viele Finance-Theorien basieren auf „No Arbitrage“-Überlegungen, d.h. Chancen auf Gewinne ohne wesentliches Risiko oder Kapitaleinsatz werden rasch von findigen Investoren ausgeschöpft und verschwinden daher rasch. Dieses Forschungsfeld sucht Erklärungen, warum dies in der Realität allerdings nicht immer der Fall ist und welche Faktoren die Arbitrageaktivitäten behindern.

Big data, Artificial Intelligence & Machine Learning
Fortschritte in der Datenspeicherung und -verarbeitungsmethodik ermöglichen es, Finanzmarktdaten in einen wesentlich breiteren Kontext einzuordnen und die gewaltigen Datensätze auf eine dem menschlichen Verhalten ähnliche Art zu analysieren. Die menschliche Fähigkeit zu lernen, ohne explizit dafür programmiert worden zu sein, eröffnet in diesem Zusammenhang ebenfalls neue Möglichkeiten.


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